Wiener Hof - Kulturprogramm, Konzert - The Praktiker

The Praktiker

The Praktiker

Grabräuber des Rock’n’Roll

Samstag, 31.03.12
20:30 Uhr

Schön dass Sie da sind.

Wir sind THE PRAKTIKER, Grabräuber des Rock’n’Roll. Vier durchaus auch mal schlecht gelaunte ältere Herren mit wenig Zukunft aber reichlich Vergangenheit.

Unsere Hobbys sind: Den Mädchen hinterhergucken, jüngere Bands Scheisse finden und zum Arzt gehen. Musikmachen ist für uns kein Hobby, sondern Lebensnotwendigkeit. Wir müssen das machen. Andere müssen Golf spielen oder Oldtimer sammeln. Die treffen wir aber nie, weil die nicht zu unseren Konzerten kommen.

Wir spielen kein Golf, sondern Rock’n’Roll. Das kann man sich nicht aussuchen. Das packt einen und lässt nicht mehr los. Das muss frech sein und dreckig und unerwartet und vor allem laut!

Viele Freunde macht man sich mit so was nicht unbedingt. Da darf man sich nichts vormachen als Amateurband. Die Leute hören sich laute Musik grundsätzlich nur dann an, wenn sie viel Eintritt dafür bezahlt haben.

Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Wir sind keine verkannten Rock’n’Roller. Wir pflegen einen eher unauffälligen Lebensstil. Wir sind nicht tätowiert. Keiner. Nirgends. Wie schrecklich, wenn wir das wären und herumlaufen müssten wie Alice Cooper beim Ballermann.

Niemand soll uns auf die Schultern klopfen dürfen und uns coole Rock’n’Roller nennen. Denn Rock’n’Roll ist tot. Tot, tot, tot!

Jaja, ein armseliges Häuflein Unverbesserlicher stochert noch in der Asche herum – aber wozu? Eine Freundin behauptet, sie habe gesehen, wie der Rock’n’Roll auf dem Sofa von Thomas Gottschalk gestorben, bzw. „mehr so durch die Ritzen weggeglibbert“ sei.

Nein, wir sind nicht cool, sind es nie gewesen. Nicht cool genug für Thomas Gottschalk und nicht für die Batschkapp. Leidenschaft ist nicht cool, Leidenschaft brennt. Und wir brennen für unsere Musik. Verrückt genug.

Es gibt Leute die sagen, das hört man uns an. Immer noch. Das sind dann unsere Freunde. Die verstehen, dass wir das machen müssen, dass wir gar nicht anders können als uns abarbeiten an Zeug, welches wir mal vor dreissig oder mehr Jahren gehört haben. Herumwursteln an obskuren Erinnerungen und Fundsachen. Sich im fortgeschrittenen Alter noch aufführen, als hinge von einem gelungenen Riff oder einer Gesangslinie das Heil der Welt ab.

Und wenn man dann mal öffentlich spielen will, immer wieder unwürdiges Geschacher mit Clubbesitzern und jammernden Kneipenwirten.

Muss man sich das noch antun?
Ja, man muss. Man hat keine Wahl.
Echte Hochleistungsträumer müssen so sein.

Die können nicht einfach mal eben so sagen, „ach, dann mache ich vielleicht doch lieber Ikebana“.

Da müssen wir jetzt mit leben.
Das wird durchgezogen bis zum bitteren Ende.

Und manchmal scheint sich die Mühsal dann doch zu lohnen.

Im Grimmbunker zu Offenbach sowie bei unseren wenigen Auftritten kann es immer noch zu Erweckungserlebnissen nicht mehr geglaubter Art kommen. Berufen, die Grabkammern zu öffnen, vor denen es andere graust, schnüffeln wir an alten Knochen herum, legen Skelette frei und bringen verstaubte Juwelen zu neuem Glanz.

Auf einmal knallt es, fetzt es, powert und treibt es, dass man fast meinen möchte, Rock’n’Roll lebt.

Menschen allen Alters fühlen sich unvermittelt bemüßigt, von ihren Sitzen aufzuspringen, um Leib und Glieder zu schütteln, wie sie es zuletzt vielleicht in den Tagen der großen Talking Heads getan haben.

Geht da ruhig mal hin. Es soll Euer Schaden nicht sein.